Steuerliche Bewertung
(§ 198 BewG)
Ein häufiger Wertermittlungsanlass ist, das der oder die Steuerpflichtige im Rahmen von Erwerb einer Immobilie, Vererbung oder Schenkung durch das Finanzamt mit einer unverhältnismäßig hohen Steuerlast belastet wird. In diesem Fall hilft ein Wertgutachten oftmals, den Steuerbescheid anzufechten und einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. In jedem Fall sollten Sie sich diesbezüglich von einem Steuerberater / einer Steuerberaterin beraten lassen. Die kurzen Informationen auf dieser Homepage zu dieser Frage stellen keine Steuerberatung dar und können diese nicht ersetzen.
Auch im Bereich der Erstattung solcher Gutachten (zum Nachweis des niederigeren gemeinen Wertes) erfolgte eigentlich bereits die Gleichstellung der nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierten Sachverständigen mit öffentlich bestellten und vereidigten Gutachtern.
Unser Sachverständigenbüro hat im Rahmen der steuerlichen Bewertung auch schon etliche solcher Gutachten erstellt und es gab hierbei nie Probleme mit den zuständigen Finanzämtern.
Nun sorgt ein Urteil aus Berlin für Aufsehen. Der 3. Senat des Finanzgerichtes Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 17.01.2018 (Az. 3 K 3178/17) entschieden, dass der Verkehrswertnachweis gegenüber dem Finanzamt doch nur durch einen ö. b. u. v. Sachverständigen erfolgen darf und nicht durch einen nach DIN EN ISO/IEC 17024-zertifizierten Sachverständigen.
Gegen dieses Urteil wurde Berufung beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Az. II R 9/18 eingelegt. Wir sind damals fest davon ausgegangen, dass der BFH dieses Urteil kippt und danach doch wieder nach DIN EN ISO/IEC 17024-zertifizierte Sachverständige auch Verkehrswertgutachten im Rahmen der steuerlichen Bewertung erstatten dürfen. Denn...
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...ist die Urteilsbegründung aus unserer Sicht sehr schwach. Das Gericht behauptet, dass nur bei ö. b. u. v. Sachverständigen eine neutrale Stelle deren Kompetenz geprüft hätte (vgl. Rn. 29). Das schlichtweg falsch. Nach DIN EN ISO/IEC 17024-zertifizierte Sachverständige müssen zur Erlangung der Zertifizierung eine Prüfung analog der ö. b. u. v. Gutachter ablegen, nur halt eben nicht vor einer Bestellungskörperschaft, sondern vor der unabhängigen und ihrerseits akkreditierten Zertifizierungsstelle.
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...außerdem sieht das Gericht das Problem, dass "nur" zertifizierte und nicht öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige sich nicht wegen Meineides oder fahrlässigem Falscheid bei einem fehlerhaften Gutachten strafbar machen können, während ö. b. u. v. Sachverständige dieses aufgrund ihrer Vereidigung tun (vgl. Rn. 36). Das ist aus unserer Sicht ein äußerst "dünnes" Argument. Die Finanzämter könnten einfach verlangen, dass nicht ö. b. u. v. Sachverständige ihr Gutachten mit einer Eidesformel abschließen. So wären auch sie bei einem Falschgutachten wegen Meineides oder fahrlässigem Falscheid belangbar.
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...zudem verstößt unserer Meinung nach dieses Urteil gegen den Grundgedanken des freien Waren- und Dienstleistungsverkehr innerhalb der Europäischen Union. Danach müssen auch Gutachter aus anderen EU-Ländern die Möglichkeit haben, in Deutschland Gutachten zu erstatten und umgekehrt. Eine solche Reglementierung stellt mindestens eine mittelbare Benachteiligung dar, da es die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Gutachtern in kaum einem anderen EU-Staat gibt.
Aus diesen Gründen waren wir damals fest davon überzeugt, dass der BFH sich gegen das FG Berlin-Brandenburg stellen wird. Leider ist es anders gekommen. Der BFH hat mit Urteil vom 05.12.2019 (II R 9/18) entschieden, dass das Gutachten "eines nicht öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nicht zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts nach § 198 BewG herangezogen werden" kann (vgl. Rn 24).
Allerdings wurde das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen. Die obersten Finanzbehörden der Länder haben darauf hin mit Datum vom 02.12.2020 mit einem Nichtanwendungserlass auf dieses Urteil reagiert. Hier heißt es: "Das BFH-Urteil vom 5. Dezember 2019 II R 9/18 ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden." Demnach darf auch weiterhin "...der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts regelmäßig durch ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses für Grundstückswerte oder eines Sachverständigen, der über besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Bewertung von Grundstücken verfügt, erbracht werden.
Dies sind Personen, die von einer staatlichen, staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständiger oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt oder zertifiziert worden sind."
Unser Sachverständiger, Herr Maximilian Bräuer ist im Rahmen der Personenzertifizierung bei der akkreditierten Zertifizierungsorganisation European Certification CYF (EUcert) [kurz: EUcert CYF] nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierter Sachverständiger für Immobilienbewertung. Die Zertifizierungsorganisation EUcert CYF ist eine international tätige Zertifizierungsstelle, die ihrerseits bei der CEAC in Wales für Zertifizierungen nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditiert ist. Die CEAC-Akkreditierungsnummer der EUcert CYF bei der CEAC lautet: C‐CP‐5336833‐02‐01. Die Zertifizierungs-Nr. von Maximilian Bräuer bei der EUcert CYF lautet: 1-23-1016.
Weiterhin hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) an dieser Stelle reagiert. Das BMF brachte eine Änderung des § 198 des Bewertungsgesetzes (BewG) auf den Weg. Diese Änderung ist am 23.07.2021 in Kraft getreten. Der Gesetzgeber hat hier klar gestellt, dass Gutachten von nach DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierten Sachverständigen nicht nur gegenüber der Finanzverwaltung, sondern auch vor den Finanzgerichten als Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes dienen können.
"(1) Weist der Steuerpflichtige nach, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit am Bewertungsstichtag niedriger ist als der nach den §§ 179, 182 bis 196 ermittelte Wert, so ist dieser Wert anzusetzen. Für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts gelten grundsätzlich die auf Grund des § 199 Abs. 1 des Baugesetzbuchs erlassenen Vorschriften.
(2) Als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts kann regelmäßig ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses im Sinne der §§ 192 ff. des Baugesetzbuchs oder von Personen, die von einer staatlichen, staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt oder zertifiziert worden sind, dienen.
(3) Als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts kann ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommener Kaufpreis über das zu bewertende Grundstück dienen, wenn die maßgeblichen Verhältnisse hierfür gegenüber den Verhältnissen am Bewertungsstichtag unverändert sind." (§ 198 BewG: Nachweis des niederigeren gemeinen Werts)